Das Arbeitszimmer von Eduard Zuckmayer in ’seinem‘ Institut ist heute ein Gedenkraum. Dort werden Noten, Bücher und einige persönliche Gegenstände aufbewahrt. Es wird versucht, die Erinnerung an ‚ihren‘ Professor Zuckmayer wach zu halten. Denn er war einer von uns, sagen nicht nur die, die ihn kannten.
Eduard Zuckmayer hat deutsche Lieder ins Türkische übersetzt und einstudiert. ‚Dostluk‘ nach dem deutschen Volkslied ‚Wahre Freundschaft‘ ist eines davon und inzwischen Allgemeingut in der Türkei. Es wird nicht nur an der Gazi Universität gesungen. Fragt man nach Eduard Zuckmayer, wird es überall gerne angestimmt.
Der Chor der Gazi Universität hat das Stück von Eduard Zuckmayer in seinem Repertoire. Es basiert auf einem traditionellen türkischen Tanzlied, das er für den mehrstimmigen Chorgesang arrangiert hat. Unter der Leitung von Dr. Asena Gözen singt der Chor es für unsere Dreharbeiten.
Auch die türkische Nationalhymne hat Eduard Zuckmayer fürs Klavier harmonisiert. Ihn interessierte die türkische Volksmusik und er ermutigte seine Studierenden sie zu pflegen. Seine Aufgabe aber war es, ihnen westliche, europäische Musik nahe zu bringen und sie zu befähigen, sie zu spielen. Dennoch wurde ihm mitunter vorgeworfen, dass es die landeseigene Kultur nicht mehr gefördert hat. Seine Studierenden hingegen waren begeistert von den Möglichkeiten, Neues kennen zu lernen.
Prof. Dr. Suna Çevik war eine seine Studentinnen. Sie erinnert sich voller Hochachtung an ihn und versucht, seine pädagogischen Ideen zu bewahren und weiter zu entwickeln. Er war sehr achtsam gegenüber seinen Studierenden, sehr diszipliniert, aber auch sehr herzlich, erzählt sie 2015 im Interview. Nicht nur als Musiker, auch als Mensch sei er ein Vorbild gewesen. Die meisten seiner Studierenden wurden später Musiklehrer und verteilten sich über das ganze Land. Aber einige traten auch als Musiker hervor.
Zu ihnen gehörten Ali Ucan, Erdoğan Okyay, Ömer Can, Mahmut Sarı und Mustafa Polat, um nur wenige Namen zu nennen. Vielen von ihnen ermöglichte Zuckmayer ein Weiterstudium in Deutschland. Persönlich kümmerte er sich um Studienplätze und Stipendien. Und er besuchte seine Studenten, in Freiburg oder in Köln, um zu sehen, welche Fortschritte sie machten.
Neben der Leitung des Instituts unterrichtete er all die Jahre weiter am Staatlichen Konservatorium. Prof. Dr. Filiz Ali belegte dort bei ihm während ihres Klavierstudiums Harmonielehre. Heute leitet sie in Ayvalik die Internationale Musikakademie AIMA.
Viele Ideen aus der ‚Schule am Meer‘ nahm Zuckmayer mit nach Ankara. Auch hier begann jeder Tag mit Musik.
Musik sollte zum Alltag gehören, nicht die Dekoration für besondere Anlässe sein. Für ihn hieß Musikerziehung vor allem Musik machen, aber auf hohem Niveau.
Wie Martin Luserke auf Juist schwang er eine Glocke zum Unterrichtsbeginn.
Atatürk veranlasste nach Gründung der türkischen Republik eine Reform der Hochschulen und auch eine Reform des gesamten Musikwesens, für die er Paul Hindemith als Experten gewann. Eduard Zuckmayer sollte dann Lehrer ausbilden, die sich auch in westlicher klassischer Musik auskannten und sie spielen konnten. 1938 gründete er dafür in Ankara ein Musiklehrerseminar, das ‚Gazi Eğitim Enstitüsü‘. Nach seinen Plänen entstand dort ein moderner Konzertsaal für 250 Gäste. Gleich nebenan die Übungsräume für die Studierenden, pro Semester waren es 90, die Klavier, ein Streichinstrument und Gesang im Einzelunterricht, sowie Musiktheorie lernten. Sie spielten Bach, Schubert, Mozart und andere Klassiker. Das ist auch heute noch so, allerdings wird jetzt mehr Wert auf Pädagogik gelegt und traditionelle türkische Instrumente finden größeren Raum auf dem Lehrplan.
Zuckmayer unterrichtete auf Türkisch und schrieb auch türkische Texte. Er lebte in einem kleinen Zimmer im Institut, bis zu seinem Tod. Das Institut war ’sein‘ Kind. Erst 1970, mit 80 Jahren, gab er die Leitung ab, unterrichtete aber weiter.
Eduard Zuckmayer hat in der Türkei auch zahlreiche Konzerte gegeben, als Solist und Kammermusiker trat er in Symphonie- Konzerten des Staatsorchesters und in Radiokonzerten auf. Das war ihm wichtig.
Und immer wieder spielte er im Konzertsaal der Gazi Universität. Der Geiger Ali Ucan, einer seiner Nachfolger am Institut, erinnert an das letzte Konzert, das er im März 1972 mit ihm gegeben hat. Auf dem Programm standen Werke von Händel, Brahms, Mozart sowie Adnan Saygun und Nurhan Cangal.